Gedanken zu Lukas 5, 1-11

Taufgottesdienst am 17. Juli 2022

 

Liebe Tauffamilien, liebe Gemeinde,

wenn wir die Matthiaskirche renovieren – bald! -,

wenn wir sie ummodeln zu einem Gotteshaus des 21. Jahrhunderts,

werden wir als erstes den Taufstein verrücken.

Wir werden ihn unter das Fenster mit dem Fisch stellen, gegenüber vom Portal.

 

Das Fenster begrüßt jeden Gast dieses Hauses

mit funkelndem Rot, ruhigem Grün, bewegtem Blau.

Und jedes Kind weiß:

Rot ist die Liebe. Grün ist die Hoffnung,

und Blau die Treue, der Glaube.

Da fühlen sich Klein und Groß gleich willkommen.

 

Mitten im Fenster sehen wir

einen hellen Fisch im roten Netz der Liebe.

So soll es uns gehen, wenn wir in dies Haus eintreten:

Liebe soll uns umhüllen.

So soll es uns gehen, wenn wir uns taufen lassen:

Hoffnung soll uns umgeben

wie die Wasserpflanzen, die sich um den Fisch schlingen.

Vertrauen soll uns umströmen  wie Wellen von allen Seiten.

Wir sind ein Fisch in Gottes Meer -

ein Mensch im Netz der Liebe -

 

Meistermann heißt unser Glaskünstler

und meisterhaft deutet er das Sonntagsevangelium:

die Geschichte vom reichen Fischfang.

Er gestaltet ein Unterwasserbild. Das ist sein künstlerischer Clou!

Die biblische Geschichte bewegt sich über Wasser,

zeigt uns Volk und Fischer, Jesus im Boot und die vollen Netze.

Das Kirchenfenster bewegt sich unter Wasser,

zeigt uns den Fisch und das Netz, die Pflanzen, Wellen und goldenen Steinchen.

Mit Freude tauche ich heute ins sommerliche Nass

und gehe dem Evangelium auf den Grund.

Ich betrachte den Fisch im Netz – und erkenne mich selbst.

 

Einige von Euch kennen das Evangelium sehr gut.

Sie wissen, das Wunder rankt sich um das Wort vom Menschenfischer.

Nach dem großartigen Fang sagt Jesus zu Simon:

„Von nun an sollst du Menschen fischen.“

Das habe ich den Kindern vorhin nicht erzählt – bewusst! - ,

denn eine Menschenfischerin will ich gar nicht sein.

Ich will niemanden ködern und angeln.

Ich will keinen fangen und fesseln.

Man weiß doch, wie es Fischen dann geht:

Sie zappeln und zucken und ringen nach Luft. Pardon: nach Wasser.

So will ich nicht missionieren.

Und sei das Wort Gottes noch so wichtig, so darf es nicht unter die Leute.

Dann führt es sich selbst ad absurdum, das Evangelium der Freiheit.

Das Wort vom Menschenfischer gehört versenkt in die Kirchengeschichte.

 

Dann doch lieber Fisch als Fischer!

Ich vertiefe mich weiter in Meistermanns Bild.

Da ist der gute Gedanke:

Gottes Wort legt sich um mich wie ein Netz der Liebe,

wie ein leuchtender, funkelnder Schutz-

Und so denke ich auch von Jesus:

Er wirft das Wort aus über die Menge wie einen spinnwebleichten Kokon.

Liebe hüllt sie ein und macht sie stark gegen viele Gefahren.

Da finde ich mich wieder: als Fisch in diesem Netz der Liebe.

Ich schwimme durch einen Hoffnungswald und

im Spiegel des Himmels leuchtet mein Element blau.

Blau wie Treue, Vertrauen, Glauben -

drei Worte für das Element, in dem wir leben dürfen.

 

Heute taufen wir vier kleine Fische: Theo und Silas, Levi und Elea.

Wir benetzen ihre Stirn mit Wasser und sagen damit:

Der Glaube ist euer Element. Darin sollt ihr leben und wachsen.

Das Vertrauen und die Treue Gottes sollen euch umfließen wie Wasser und Luft,

ganz natürlich von Anfang an.

 

Und wir – die Eltern, die Paten, die Gemeinde – versprechen,

ein Netz der Liebe um diese Kinder zu knüpfen,

sie mit Worten und Taten das Evangelium spüren zu lassen:

tragende, schützende Liebe.

Was können wir Besseres für sie tun in diesen kritischen Zeiten?

Wir schützen sie mit einem Kokon der Geborgenheit.

Wir lehren sie schwimmen, laufen, sprechen, denken

voller Gottvertrauen und Selbstvertrauen.

Wir pflanzen die Hoffnung in ihre Seelen. Das lasse Gott gelingen!

Was können wir Besseres für sie tun, als sie zu taufen auf den Namen Jesu Christi?

 

Eingeweihte wissen schon,

der Fisch war nicht einfach das Freundschaftszeichen  des Fischers Simon Petrus.

Er war ein geheimes Symbol des Widerstands in der frühen Christenheit.

Das Wort Fisch – griechisch: ichtys – kürzt das älteste Taufbekenntnis ab.

Fünf Buchstaben für Jesus – Christus – Sohn – Gottes – Retter.

Die Verfolgten der ersten Jahrhunderte malten den Fisch auf Tore und Wände

und signalisierten damit: Hier bist du willkommen.

Hier kannst du frei denken, frei reden und beten.

 

Noch ein Grund, unseren Taufstein zu verrücken

unter das Fenster mit dem Fisch.

Das sollen Elea und Levi, Silas und Theo von klein auf wissen:

Hier in der Kirche bin ich willkommen.

Ich bin ein Fisch in Gottes Meer. Ich bin ein Kind im Netz der Liebe.

Ich bin getauft auf Christi Namen. Amen.

Ulrike Scholtheis-Wenze

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