Gedanken zu 1. Korinther 16, 15

Predigt zur Einführung des neuen Presbyteriums am 17. März 2024

Schöne Grüße von Paulus!

Das schreibt er selbst: „Hier mein Gruß mit eigener Hand: Paulus!“

1. Korinther 16 – Das ist schon etwas Besonderes!

Normalerweise diktiert der Apostel zwischen Tür und Angel seinem Sekretär Tertius.

Aber diesmal greift er selbst zu Griffel und Wachstäfelchen,

grüßt mit persönlicher Leidenschaft, mit Hand und Herz:

„Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!“

So unterschreibt er schließlich:

„Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!“ Punkt. Paulus.

Seinen Gruß an die griechische Gemeinde beziehe ich heute morgen auf uns,

nicht nur weil er die Jahreslosung 2024 ist.

Wir wechseln unser Presbyterium.

Als Mitarbeitende und als Gemeinde brauchen wir Haltung und Hoffnung.

„Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.“

 

Nun weiß ich ein bisschen über die Christengemeinde in Korinth:

Sie war lebendig, streitbar, bisweilen auch zerstritten.

Dabei spielten soziale Gräben eine Rolle.

Außerdem kamen die Pfarrer – Paulus und Apollos – unterschiedlich gut an.

Taufe, Abendmahl und Auferstehung wurden mit derselben Leidenschaft diskutiert

wie vegane Ernährung und queere Beziehungen. Ja, lest nur nach!

In Korinth ging es um das ganze, pralle Leben

und Paulus’ Theologie vom Kreuz war Konfliktmanagement pur.

Theologie geht bei ihm nicht als versöhnlichres On-Top,

sondern als kritisches Mittendrin, als Instrument der Versöhnung.

 

Das hat mich am 1. Korintherbrief immer fasziniert:

Paulus verbindet seine Theologie vom Kreuz mit einer Ethik der Liebe.

Beides gehört für ihn untrennbar zusammen.

Weil Christus so grenzenlos liebte, ging er seinen Weg bis zum Kreuz

und wurde vom himmlischen Vater bestätigt. Sprich: auferweckt.

Und in seiner Nachfolge sollen wir uns mindestens üben in der Liebe,

in der Zurücknahme persönlicher Interessen.

„Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht,

so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“

1. Korinther 13 – das Hohelied der Liebe!

Das schreibt Paulus seiner zersplitterten Gemeinde ins Stammbuch

und nicht irgendeinem Hochzeitspaar.

„Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.“ Punkt. Paulus.

 

Schauen wir auf unsere Gemeinde!

Schauen wir zurück auf vier Jahre mit außerordentlichem Entscheidungsdruck:

am Anfang Corona, mittendrin die Fusion, am Ende die Zukunft der 2. Pfarrstelle.

Nicht zu vergessen die geplante und ausgesetzte Innenrenovierung der Matthiaskirche

und der Trägerwechsel der Kitas.

Nicht zu vergessen die Turmsanierung in Staudernheim und die Zukunft des Martin-Luther-Hauses…

Ich bin dankbar für zwei lebendige Presbyterien

und für einen diskutierfreudigen Bevollmächtigtenausschuss.

In allen Krisen blieben sie arbeitsfähig und verloren nicht den Kopf.

Ich bin dankbar für eine Haltung der Hoffnung, des Mutes und des Miteinanders.

Erinnert Ihr Euch an die Wochenendfreizeit in Kloster Neustadt vor einem Jahr?

„Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.“ So war es dort. Das Miteinander.

Und Paulus schreibt im P.S.: „Erkennt solche Leute an!“

 

Schauen wir auf unsere Evangelische Paul-Schneider-Gemeinde!

Schauen wir auch voraus.

„Seid immer bereit, allen, die euch danach fragen, zu erklären,

welche Hoffnung in euch lebt!“

Dieser Bibelvers steht über unserer Gemeindekonzeption.

Wir wollen eine zukunftsorientierte Gemeinde sein. An die Jugend denken.

An die Ökumene (sie lebt zur Zeit stark von evangelischen Impulsen).

An die Diakonie. Ich sage nur: Vom Kollektenbüchlein zum digitalen Netzwerk

Ehrenamt für Geflüchtete. Gemeinsam mit MiNa und Jo.

(D.h. Ev. Kirchengemeinde Mittlere Nahe und Ev. Johanniter-Gemeinde)

Ach ja: Und die Fusion will weiter gepflegt werden.

Und die Gemeinde muss in zwei Jahren für eine Pfarrerin vergnügt zu leiten sein.

Ich bin dankbar, dass sich zu den sieben erfahrenen sieben neue

Presbyterinnen und Presbyter gefunden haben (drei mit Vorerfahrung).

Alle bringen sie ihre eigene Begeisterung und Begabung ,

ihre eigenen Fragen und Antworten und Möglichkeiten mit.

Lasst uns zusammenwachsen im Dienst der Leitung, wie es in Barmen III heißt.

„Alle eure Dinge lasst in Liebe geschehen.“

 

„Alle eure Dinge lasst in Liebe geschehen.“

Was ist das überhaupt für eine Grammatik?

Aktiv ist es nicht, auch wenn die Bibel in gerechter Sprache übersetzt:

„Alles, was ihr tut, tut mit Liebe.“

Passiv ist es aber auch nicht: Alle eure Dinge werden schon in Liebe geschehen.“

Es ist etwas dazwischen, etwas lutherisch Evangelisches:

Lasst die Liebe geschehen. Gebt dem Wesen Christi Raum. Strengt euch nicht zu sehr an.

Aber öffnet die Fenster eures Verstandes. Stoßt die Türen eures Herzens auf.

Christus ist die Liebe in Person. Er ist langmütig und freundlich.

Er sucht nicht das Seine. Er lässt sich nicht erbittern. Er rechnet das Böse nicht zu.

Er freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, er freut sich aber an der Wahrheit.

Er erträgt alles, er glaubt alles, er hofft alles, er duldet alles. Er: Christus.

 

Richtig: Das war noch einmal das Hohelied der Liebe von Paulus.

Liebe Presbyterinnen und Presbyter, so vollkommen, so heilig müsst Ihr gar nicht sein oder werden. So vollkommen ist wirklich nur Christus.

Lasst uns einfach wach sein, aufmerksam für die Zeichen der Zeit

und das, was Gottes Volk braucht.

Lasst uns mutig sein, nicht immer mit Trippelschritten voran zu gehen,

sondern auch mal einen tüchtigen Sprung in die Zukunft zu wagen.

Lasst uns immer stärker werden im eigenen Glauben.

Zuerst aber und zuletzt: Lasst alle Dinge in Liebe geschehen.

Öffnet Fenster und Türen, Herzen und Hände.

Lasst euch vom Geist Christi durchfluten.

Schöne Grüße. Paulus

 

 

Ulrike Scholtheis-Wenzel

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