Sorge um Geflüchtete

Kirchengemeinde kritisiert Pläne eines Containerdorfs

Sorge um geflüchtete Menschen, die in großer Zahl auch in Bad Sobernheim erwartet werden, bewegt die Evangelische Paul-Schneider-Gemeinde. Insbesondere Überlegungen des Landkreises Bad Kreuznach, am Rande des Gewerbegebiets ein Containerdorf für 150 Geflüchtete zu errichten, weckt Befürchtungen. Dies wurde in der ersten Gemeindeversammlung deutlich, zu der die neu gegründete Gemeinde ihre Mitglieder aus Staudernheim, Abtweiler, Lauschied und Bad Sobernheim eingeladen hatte.

„Ein Flüchtlingsghetto jenseits des künftigen Wertstoffhofs in Bad Sobernheim zu errichten, geht gar nicht“, betonte Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel in ihrer Predigt im Gottesdienst zum Buß- und Bettag vor der Gemeindeversammlung. „Das wäre strukturelle Gewalt gegen Menschen, die aus Krieg und bitterster Armut hierherkommen.“ Man gehe davon aus, dass bald wieder mehr Geflüchtete mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund in Bad Sobernheim eintreffen, fügte sie vor 25 Gemeindemitgliedern hinzu. „Wir müssen überlegen, was wir zusammen mit der Stadt bewegen können, um ihnen menschlich zu begegnen.“

Die Kritik richtet sich nicht gegen die erwartete höhere Zahl von Geflüchteten, sondern gegen den ins Auge gefassten Standort für ein Containerdorf.  Hier werde einer Ghettobildung Tür und Tor geöffnet. Vier Kilometer vom Stadtkern entfernt wird für die Bewohnerinnen und Bewohner kaum eine Chance zu Begegnungen mit Einheimischen, geschweige denn zur Integration gesehen. „Sollte es zu dem Containerdorf kommen, wäre dies nur mit einer intensiven Begleitung und Betreuung durch den Landkreis möglich“, meinte der Vorsitzende des Diakonie-Ausschusses der Kirchengemeinde, Andreas Jacob, und regte Sprach- und Integrationskurse vor Ort an. Es erhob sich die Frage, ob alle Container an einem Ort aufgestellt werden müssen. Eine Verteilung auf verschiedene Plätze in der Stadt würde einer Ghettoisierung entgegenwirken. 

Engagement für Geflüchtete gehört zum diakonischen Profil der Paul-Schneider-Gemeinde. Das langjährige, nach einer Corona-Pause wiederbelebte Café International bekam Zulauf von Menschen aus der Ukraine, zusätzlich wurde der Sprachkurs ausgeweitet, ein Mama-lernt-Deutsch-Kurs installiert und die Jugendleiterstelle erweitert. Seit kurzem gibt es ein Beratungsangebot für Geflüchtete. Einige der Projekte unterstützt das Programm „Demokratie leben“.

Paul Schneider - mehr als nur ein Name

 

In einem Rückblick ließ Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel das erste Jahr der neuen Gemeinde Revue passieren. Anschließend moderierte Pfarrer Ralf Anacker die Aussprache zu Themen der künftigen pfarramtlichen Versorgung, Bauunterhaltung und Klima-Neutralität. „Mehr als nur ein Name soll die Paul-Schneider-Gemeinde bedeuten“, so die Pfarrerin. Bei der Feier des 125. Geburtstag des Namensgebers mit verschiedenen Events sei dies deutlich geworden. Sie unterstrich: „Auch künftig soll Paul Schneider als aktuelle Herausforderung mit allen Generationen geteilt werden.“

Pflege und Erhalt der Gebäude bedeutet für den Bevollmächtigtenausschuss (BVA), der die Gemeinde leitet, bis 2024 ein neues Presbyterium gewählt wird, eine nie endende Aufgabe. Während die Außenrenovierung der Kirche in Staudernheim abgeschlossen und die Instandsetzung der Fassade der Kirche in Abtweiler eingeleitet ist, wurde nach sechs Jahren der Planung die Innenrenovierung der Matthiaskirche auf Eis gelegt. Für ein ehrgeiziges Projekt, einer Schönheitsreparatur mit Kosten von 1,4 Millionen Euro, sei jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt, befand der BVA. Ein Arbeitskreis will jedoch die finanzielle Realisierbarkeit mittelfristig weiter bedenken. Vorerst aber hat die energetische Sanierung der Gebäude, vor allem des Paul-Schneider-Hauses, Vorrang. Eine zusätzliche Hürde bildet die Vorgabe der Landeskirche, bis 2035 klimaneutral werden zu wollen.

Marion Unger

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