Reden über Gott und die Welt

Besuchsdienst knüpft am Netz der Gemeinde

Bad Sobernheim/Staudernheim. Die beträchtliche Zahl von hochbetagten Mitgliedern stellt die Evangelische Paul-Schneider-Gemeinde vor große Herausforderungen: Mehr als 450 Menschen im Alter über 80 Jahren zählt sie in diesem Jahr. Der ehrenamtliche Besuchsdienst sucht Verstärkung, damit sich die oft einsamen Seniorinnen und Senioren nicht abgehängt fühlen.

Die Zeiten, in denen bejahrte Gemeindemitglieder zu ihrem Geburtstag selbstverständlich mit dem Besuch der Pfarrerin oder des Pfarrers rechnen konnten, sind längst vorbei. Statistisch gesehen, so hat Gemeindesekretär Andreas Jacob errechnet, müssten Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel und Pfarrer Ralf Anacker in Bad Sobernheim, Staudernheim, Abtweiler und Lauschied jeden Tag 1,5 Besuche machen. Das sprengt jedes Zeitbudget. Nun finden sich Pfarrerin oder Pfarrer zu den runden Geburtstagen ab 80 sowie zu Ehejubiläen ein und die Mitarbeitenden im Besuchsdienst suchen die Jubilare in den dazwischen liegenden Jahren in ihren Wohnungen, in den Altenheimen sowie auf dem Hüttenberg auf.

In Bad Sobernheim gründete sich der Besuchsdienst vor 25 Jahren, in Staudernheim geschah dies etwa zur gleichen Zeit. Hier ist die Gruppe immer noch aktiv, in Abtweiler kümmert sich Julia Alt um die Jubilarinnen und Jubilare. „Die anfängliche Skepsis der Gemeinde verwandelte sich bald in große Wertschätzung dieser ehrenamtlichen Ergänzung pastoraler Seelsorge“, fasst Pfarrerin Scholtheis-Wenzel ihre Erfahrungen zusammen.  

Das kann Elvira Reiff-Gürntke nur bestätigen. Seit elf Jahren stimmt sie die Besuche bei älteren Bad Sobernheimern ab. „Der Besuchsdienst hat sich etabliert, aber wir brauchen dringend Verstärkung, weil viele Mitarbeitende inzwischen selbst ein hohes Alter erreicht haben“, berichtet sie. Die Ehrenamtlichen sind eingebunden in ein Team, das sich vierteljährlich zum Austausch, zur Fortbildung und zur Organisation der Besuche trifft. „Jeder und jede kann selbst entscheiden, wie viele Termine er oder sie wahrnimmt“, betont sie. Dazu gehöre auch, die Zeiten zu bestimmen, in denen man nicht zur Verfügung steht. Wer erst einmal ausloten möchte, ob ihm das Ehrenamt zusagt, ist zu einem unverbindlichen Gastspiel eingeladen.

Eine für Elvira Reiff-Gürntke beglückende Erkenntnis: „Wir durchbrechen die Einsamkeit der Menschen, und sie bringen uns in den Gesprächen viel Vertrauen entgegen.“ Familiengeschichten, mögliche Konflikte, Beziehungen zum Ehepartner, zu Kindern und Freunden sind oft Themen, über die Geburtstagskinder gerne mit den Besuchern sprechen. Aber auch Sorgen um den Frieden oder die eigene Existenz angesichts der Inflation vor allem im Hinblick auf die steigenden Energiekosten wird oft thematisiert. „Selbstverständlich sind alle Gespräche vertraulich“, versichert Elvira Reiff-Gürntke.

In der Bereitschaft, sich auf einen Dialog einzulassen, liegt nach Ansicht von Pfarrer Ralf Anacker der Reiz dieses Ehrenamts. Er ermutigt insbesondere Menschen im Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand, sich hier zu engagieren. „Im Besuchsdienst wird über Gott und die Welt geredet, Menschlichkeit und Miteinander werden gepflegt, wir knüpfen damit am Netz der Gemeinde“, meint er. In seinen Augen ist das für viele, die nach dem Eintritt ins Rentenalter eine große Leere empfinden, die Chance, gesund zu bleiben. Anacker unterstreicht: „Kommunikation ist das beste Mittel, um die sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten, wenn man älter wird.“

Ein Bindeglied zwischen Gemeindemitgliedern und Pfarrerin und Pfarrer sieht Andreas Jacob, Vorsitzender der Diakonieausschusses der Paul-Schneider-Gemeinde und selbst ehrenamtlicher Mitarbeiter, im Besuchsdienst. „Die Menschen begegnen hier Kirche auf einer anderen Ebene“, erläutert er. „Wir erwarten nicht, dass sie zur Kirche kommen, wir suchen sie in ihrem persönlichen Umfeld auf.“ So wird der Besuchsdienst zu einer wertvollen Informationsquelle für Ulrike Scholtheis-Wenzel und Ralf Anacker, die in Krisensituationen und Krankheitsfällen für Besuche bereitstehen. Nach Worten von Andreas Jacob geht es bei den Kontakten keineswegs darum, jemanden zu missionieren, vielmehr stehe der diakonische Aspekt im Vordergrund. Wenn es gewünscht werde, informierten die Mitarbeitenden über Hilfsangebote oder Gemeindeaktivitäten und regten zur Teilhabe am Gemeindeleben durch den Besuch von Gruppen und Kreisen an. Sein Fazit nach vielen Jahren in diesem Ehrenamt: „Für mich ist jeder Besuch eine Bereicherung.“

Infos zum Besuchsdienst bei Elvira Reiff-Gürntke, Telefon: 06751-6113 sowie im Gemeindebüro, Telefon: 06751-94290.

Marion Unger

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