
Evang. PAUL-SCHNEIDER-GEMEINDE
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Predigt zu Markus 4, 35-41
Feriengottesdienst am 13. August 2023 im Kirchgarten
Seht: Jesus schläft. Tief und fest.
Jesus schläft hinten im Boot, seinen Kopf auf ein Kissen gebettet,
seine Hände unter die Wange geschmiegt.
Jesus schläft mitten im Sturm. Wie Jona.
Die Gischt spritzt über die Planken. Die Wogen werfen das Boot um und um.
Der Himmel leuchtet gewittrig, gefährlich.
Und die Freunde – allesamt Fischer! - schauen voller Angst.
Ihr Mut hängt schief wie Mast und Segel.
Aber Jesus schläft. Ruht mitten im Sturm.
Ich finde: ein Ferienevangelium! Und ich werde euch das erklären.
Ein Tag voller Arbeit lag hinter Jesus.
Von morgens bis abends hatte das Volk ihn bedrängt,
Unzählige mit ihren Krankheiten und Krisen.
Jeder einzelne, jede einzelne verlangte und verdiente volle Aufmerksamkeit.
Irgendwann war Jesus in ein Boot gestiegen und hatte zu allen geredet,
die am Ufer standen. Ermutigt hatte er sie und ermahnt mit Gleichnissen.
Zum Beispiel vom unscheinbaren Senfkorn, aus dem ein Baum wächst.
So kann, so soll eute Glaube wachsen, euer Mut, eure Widerstandskraft,
hatte Jesus zuletzt gesagt. Dann hatte er sie heimgeschickt
und sich selbst zur Ruhe gelegt. Gleich im Boot.
Die nächtliche Seefahrt überließ er seinen Freunden und schloss die Augen.
Der nächste Tag würde neue Arbeit bringen, neue Krisen. Sicher.
Aber jetzt schlief Jesus tief und fest und ganz ruhig.
In der vergangenen Woche las ich in der Zeitung:
Mehr als die Hälfte der Deutschen bleibt in den Ferien dienstlich erreichbar.
Checkt Mails, schaltet sich bei Videokonferenzen zu.
Mehr als die Hälfte der Deutschen bleibt online. Schaltet nicht ab.
Und das in der Regel nicht einmal, weil die Arbeitgeber das verlangen.
Das gibt es natürlich auch.
Was sind dann die Gründe für dies Nicht-Abschalten-Können?
Sorge, die Kolleginnen und Kollegen könnten etwas vergessen oder verkehrt machen?
Angst, es könnten wichtige Entscheidungen ohne einen selbst fallen?
Der Irrglaube an die eigene Unentbehrlichkeit?
Was sind die Gründe, dass so viele – übrigens auch Schülerinnen und Rentner -
nicht runterkommen, sich schlecht erholen, unruhig schlafen?
Jesus schläft. Tief und fest. Mitten im Sturm, in Chaos und Krise.
Vertiefen wir uns weiter in das biblische Wunder!
Die Freunde, die dem Unwetter ins Auge sehen
und mit ihren Fischer-Erfahrungen am Ende sind, wecken Jesus.
Mit leichtem Vorwurf in der Stimme:
Kümmert es dich nicht, dass wir untergehen? Wie kannst du jetzt schlafen?!
Jesus sagt nichts. Er steht auf. Sofort.
Er sieht die Angst in ihren Augen. Die nimmt er ernst. Damit spielt er nicht.
Er steht auf. Er stellt sich dem Sturm entgegen. Er stillt das Chaos durch sein Wort.
Liebe Gemeinde, Sturmstillungsgeschichten sind Angststillungsgeschichten.
In der Bibel ist das so: Sturmstillungsgeschichten sind Angststillungsgeschichten.
Sie bilden die wunderbare Erfahrung Israels ab,
dass Gott die Seinen rettet durch die Gefahr hindurch,
dass er die inneren und äußeren Stürme stillt. Hört nur auf Verse aus Psalm 107:
„Ein Sturmwind erhob die Wellen
und sie fuhren gen Himmel und sanken in den Abgrund,
dass ihre Seele vor Angst versagte. Sie wussten keinen Rat mehr
und schrieen zum Herrn in ihrer Not. Und er führte sie aus ihren Ängsten
und stillte das Ungewitter, dass die Wellen sich legten;
und sie froh wurden, dass es still geworden war.“
Psalm 107 – wie eine Vorlage für das Jesus-Wunder.
Fragen? - Fragen!!
Der Evangelist Markus schließt seine Erzählung mit zwei Fragen.
Erstens: Jesus fragt seine Freunde nach ihrem Vertrauen, nach ihrem Mut -
und erhält keine Antwort!
Habt ihr noch keinen Glauben? Nicht mal einen Senfkornglauben? Fragezeichen.
Zweitens fragen die Freunde nach seiner Macht:
Wer ist dieser Jesus? Sogar Wind und Wellen hören auf ihn. Wer ist er?
Fragezeichen. Eine Antwort geben sie nicht.
So bleiben Fragen, Fragen an uns:
Wie steht es mit unserem Mut, mit unserer inneren Ruhe bei all den Krisen?
Und wie sehen wir Jesu Macht?
Ist er mit seinem Schlaf ein beeindruckendes Vorbild unseres Glaubens?
Steht er sozusagen auf unserer Seite?
Oder steht er ganz anders auf Gottes Seite, uns gegenüber mit göttlicher Überlegeheit?
Beides ist denkbar. Ich neige heute zur niedrigen Christologie
und schließe den schlafenden Jesus in mein Herz.
Jesus schläft. Tief und fest.
Jesus schläft hinten im Boot, seinen Kopf auf ein Kissen gebettet,
seine Wange in die Hände geschmiegt, in schlichtem Gottvertrauen:
„Ich liege und schlafe ganz mit Frieden,
denn du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne.“ (Psalm 4)
Jesus schläft.
Das Bild dazu fand ich in der Mitte eines deutsch-ukrainischen Bibelbüchleins.
Kindern, die nicht schlafen können,
Kindern ohne und mit Fluchterfahrung stellt es im Namen Gottes
Geborgenheit und Sicherheit vor Augen.
Wer kann schon die inneren Stürme ermessen
von Dreijährigen, Siebenjährigen, Zehnjährigen?
Sind sie etwa harmloser als die Krisen der Erwachsenen?
Wir Erwachsenen schulden unseren Kindern diese elementare Jesus-Geschichte:
Sein Glaube schenkt ihm Ruhe. Mut zu schlafen.
Verstehen Sie, warum diese Sturmstillungsgeschichte
für mich ein Ferienevangelium ist?
Jesus möchte unser Gottvertrauen stärken. Unsere innere Ruhe.
Sie soll wachsen wie ein Senfkorn zum Baum.
Wir sollen uns bei aller Arbeit Zeit zur Erholung nehmen.
Sind wir etwa unentbehrlicher als Jesus!?
Wir dürfen uns mitten in allen Krisen Auszeiten gönnen
für Spaziergänge und Spiele, Konzerte, gute Bücher, Sport.
Wir dürfen den Mut haben zu schlafen, trotz des Chaos von heute
und dem Berg Arbeit von Morgen.
Verlasst euch darauf und betet mit Jesus:
„Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn du, Herr, hilfst mir,
dass ich sicher lebe.“
Schöne Ferien!
Ulrike Scholtheis-Wenzel
