Offene Türen für Gemeindediakonie

Gemeindezentrum heißt jetzt Paul-Schneider-Haus

Mit dem Umzug der Schrift „Paul-Schneider-Haus“ vom früheren Gästehaus auf dem Leinenborn an die Außenwand des Gemeindezentrums in der Kirchstraße nahm die Paul-Schneider-Gemeinde das Gebäude als Mittelpunkt ihrer Aktivitäten neu in Besitz. Nach einem Abendgottesdienst wurde die Umbenennung mit einem kleinen Empfang besiegelt.

„Hier soll sich künftig der Alltag unserer Gemeinde abspielen.“ Mit diesen Worten umriss Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel die Funktion des Paul-Schneider-Hauses. „Neben der Matthiaskirche, dem schönen Ort für Gottesdienste und Konzerte, steht nun die Herberge für praktische Diakonie weit offen für andere.“ 1977 als evangelisches Gemeindezentrum eingeweiht, entstand das Gebäude auf den Grundmauern eines einstigen Pfarrhauses. Jetzt ist es die Heimstatt für die Chöre, die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Hilfe für Geflüchtete.

Mit der Namensgebung verband die Pfarrerin einen Rückblick auf die Geschichte des Paul-Schneider-(Gäste)-Hauses auf dem Leinenborn. Es diente Familien, die aus den Dörfern Pferdsfeld und Eckweiler hierhin umgesiedelt waren, als Treffpunkt und wurde jetzt von einem neuen Pächter übernommen. „25 Jahre lang blühte dort Gemeindeleben“, erklärte Scholtheis-Wenzel. „Aber der Schwerpunkt verlagerte sich mehr und mehr in die Kirchstraße.“ Sie sah darin „das Zeichen einer gelungenen Integration“. Zur Verbindung von zwei Kirchengemeinden dienen nun zwei Gemeindehäuser: das Paul-Schneider-Haus in Bad Sobernheim und das Martin-Luther-Haus in Staudernheim. „Dies sind zwei zueinander passende Namenspole, die zeigen, in welcher Tradition wir stehen.“

Um den Namenszug anzubringen, war Millimeterarbeit nötig, denn er passt gerade so eben an die Fassade neben dem Tor zum Garten. Ulrike Scholtheis-Wenzel dankte Uwe Engelmann, dem früheren Pächter des Gästehauses auf dem Leinenborn, der für den Tausch der Schrift gesorgt hatte.

Zuvor hatte die Pfarrerin im Abendgottesdienst in der Matthiaskirche fünf Schlaglichter auf das Leben Paul Schneiders geworfen, die seine Rolle als Pastor und „Diaconus“ – als Dienendem – beleuchteten. Als Ausgangspunkt ihrer Predigt nutzte sie ein Jesus-Wort aus dem Matthäus-Evangelium: „Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder und Schwestern, das habe ihr mir getan (Matthäus 25, 40)“. Aus diesem Bibelvers entwickelte sie die Gedanken zur diakonischen Seite im Leben und Handeln Paul Schneiders

Als junger Mann schuftete Schneider drei Monate lang an einem Hochofen in Dortmund, um die Arbeitswelt kennenzulernen. Dabei setzte er sich auch mit sozialistischen Ideen auseinander. 1923 ging er für ein Gemeindepraktikum bei der Stadtmission nach Berlin und tauchte ein in das Elend der Arbeitermassen. Als jung verheirateter Pfarrer in Hochelheim oblag ihm die Betreuung von Fürsorge-Zöglingen. Oft brachte er obdachlose Menschen mit ins Pfarrhaus.  

1935 nach Dickenschied strafversetzt, äußerte er gegenüber vertrauten Personen sein Wissen darüber, was ihn wegen seines Widerstands gegen das Nazi-Regime erwarten würde. Dies erfüllte sich schließlich im Konzentrationslager Buchenwald, wo er sich als unerschrockener Prediger von seiner Zelle aus für inhaftierte Juden einsetzte und die Wachmannschaften laut und offen als Mörder bezeichnete. „Paul Schneider lebte eine Kirche für andere“, betonte Ulrike Scholtheis-Wenzel. „Er war Diener der Schwachen: Arbeiter, Juden, Ausgegrenzte, für alle, die den Nazis ein Dorn im Auge waren. Damit bleibt er für uns ein Vorbild.“

Marion Unger

 

Bilder:

1: Im Abendgottesdienst hatte die Gemeinde die Arbeiten der Konfirmandinnen und Konfirmanden zu Paul Schneider im Blick.

2: Nur ein kurzer Blick traf den Schriftzug an der Fassade des Paul-Schneider-Hauses. Die Gemeinde floh vor dem Regen rasch ins Innere. Das Gebäude ist jetzt Heimstatt für die Chöre, die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Unterstützung von Geflüchteten. 

3: Auf ein Gelingen der diakonischen Arbeit im Paul-Schneider-Haus stieß Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel mit ihren Gemeindemitgliedern an.

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