
Evang. PAUL-SCHNEIDER-GEMEINDE
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Kurzpredigt am 09. und 10.09.2023
Rwandapartnerschaftsgottesdienst und Taufe
Pastorin Alleluia strahlte mich an.
Und ich lachte zurück.
Allein ihr Name erheiterte mich schon: Pastorin Alleluia.
Gibt es einen passenderen in diesem Beruf?
Wir sahen uns zum erstenmal im Juni.
Alleluia besuchte uns mit einer sechsköpfigen Delegation
aus der Presbytery Rubengera in Rwanda.
Die Partnerschaft zu unserm Kirchenkreis An Nahe und Glan wurde 1991 besiegelt.
Seit mehr als 30 Jahren lernen wir schon miteinander,
was es heißt, das Evangelium ins Leben zu ziehen.
Pastorin Alleluia strahlte mich an: We are sisters! We are collegues! - Yes, we are!
Ich erzählte von der besonderen Freundschaft unseres Kindergottesdienstes
in Bad Sobernheim zu dem in der Gemeinde Sure. Bis eben Corona kam...
Sie lachte laut auf: Das ist seit drei Jahren mein Kindergottesdienst!
600 Jungen und Mädchen jeden Sonntag! - Und wieviel kommen zu Dir?
20, sagte ich leise. Manchmal. Einmal im Monat.
Das irritierte sie nicht. We are collegues. We learn from each other.
Ein besonderer Lernort ist seit Anbeginn hier und dort
der Partnerschaftsgottesdienst Anfang September.
Thema und Texte für dieses Jahr wurden im Juni gemeinsam festgelegt:
„Jetzt ist die Zeit. Zum Hoffen. Zum Handeln.“
Das Motto kennen einige vom diesjährigen Kirchentag in Nürnberg.
Es ist dem Markusevangelium entlehnt.
Da fasst Jesus seine ganze Predigt in zwei Sätzen zusammen:
„Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen.
Tut Buße und glaubt an das Evangelium“ (Markus 1,15)
Lutherdeutsch! - Kirchentagsdeutsch: „Jetzt ist die Zeit. Zum Hoffen. Zum Handeln.“
Natürlich stellt uns dies Evangelium die Krisen der Zeit vor Augen
und will uns aufrütteln.
Unsere Krisenhorizonte brauche ich nicht zu wiederholen.
Wie lesen Zeitung. Wir schauen Fernsehen. Wir recherchieren im Internet.
Aber die Notizen von Pastorin Alleluia und Pastor Prince Karangwa
geben uns heute Einblicke in das Leben und Leiden unserer Geschwister
und in die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen.
Drei Dinge nur:
Erstens: Jetzt ist die Zeit, etwas für das Klima zu tun,
schreiben uns die Geschwister aus Afrika. Das erstaunt vielleicht.
Anfang Mai gab es in unserem Partnerkirchenkreis einen Starkregen,
an Heftigkeit und Folgen der Ahrflut vergleichbar. 123 Tote zählte die Region Rubengera, dazu ertrunkenes Vieh und weggeschwemmte Äcker.
Und so wie die afrikanischen Gemeinden 2021 Geld sammelten
für die Flutopfer an der Ahr, sammelten wir sogleich für sie.
Merke: Die Gleichung „hier das Geld und dort der Glaube“
stimmt unter uns schon lange nicht mehr. Gott sei Dank.
Dann: Jetzt ist die Zeit für Versöhnung.
Die Älteren erinnern sich vielleicht an den Genozid zwischen Hutus und Tutsi 1994,
eine erste harte Prüfung für unsere Partnerschaft.
Danach erlebten wir das hartnäckige Engagement unserer Geschwister
für die Annäherung der Feinde im eigenen Land.
Nun hoffen und handeln sie für die friedliche Koexistenz der Völker an den Großen Seen.
Es ist nicht einfach zwischen Rwanda und der Republik Kongo.
Flüchtlingsströme und Milizen sind Gründe für das gereizte Klima und für Gewalt.
(Ich erinnere mich auch, dass die Presbytery Rubengera zu Beginn des Ukraine-Kriegs
auf eine gemeinsame Friedenserklärung mit uns drängte).
Versöhnung. Hoffen und Handeln.
Drittens. Jetzt ist die Zeit, sich um die junge Generation zu kümmern.
Mehr als 50 % der Gemeindeglieder in Rubengera sind jünger als 15.
Noch nicht konfirmiert!
600 Jungen und Mädchen im Kindergottesdienst einer Gemeinde.
Das ist wirklich so. Toll! Aber auch problematisch.
Sehr viele junge Mädchen werden Opfer sexualisierter Gewalt. Und schwanger.
Unser Partnerkirchenkreis nimmt Jahr für Jahr 100 junge Mütter
in ein Schutz- und Förderprogramm auf.
Gerade bauen sie das Centre Ubucuti, das regionale Gemeindezentrum,
so aus, dass es auch eine Herberge auf Zeit für die gefährdeten Mädchen sein kann.
Auf der Kollektenwunschliste steht das Centre Ubucuti darum obenan.
Hoffen und Handeln für die nächste Generation.
Jetzt ist die Zeit.
Oder: Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist nehe herbeigekommen.
Tut Buße und glaubt an das Evangelium.
Liebe Gemeinde, in diesem Jahr habe ich schon mehrfach darüber gepredigt.
Nun habe ich den Bibelvers noch einmal abgeklopft auf neue, ermutigende Aspekte.
Jetzt ist die Zeit. Die Zeit ist erfüllt. Das sagt Christus.
Und von Jugend an habe ich verstanden: Mit Christus ist die Zeit erfüllt.
Mit ihm zeigt sich Gottes Reich – nein, nicht zum erstenmal –
aber ganz besonders stark und strahlend.
Dabei bleibt auch mit Christus die Spannung
zwischen dem Schon-Jetzt und dem Noch-Nicht bestehen.
So schreibt es ja auch Pastor Prince Karangwa in seinem Grußwort.
Unser Hoffen, unser Handeln setzt auf das Schon-Jetzt.
Schon jetzt sind Trost, Frieden, Gerechtigkeit und Freude durch Christus da.
Unsere Aufgabe ist nicht die Erlösung der Welt
sondern einfach das Vertrauen in gute neue Anfänge. Nicht mehr und nicht weniger.
Gott erlöst und befreit diese Erde schon allein.
Wer das glaubt, der kann allerdings nur hoffen und handeln.
Jetzt ist die Zeit.
Wir taufen heute die kleine Luisa Humbert, dies absolute Wunschkind ihrer Eltern,
dies wunderbare Gottesgeschenk.
Wir taufen sie im Rwandagottesdienst in die Eine Welt und in die große Ökumene.
Wir taufen sie in einem Land, das – ganz anders als Rwanda – immer säkularer wird,
in eine Kirche, in der Kinder immer seltener werden und immer wertvoller.
Wir taufen Luisa und wollen die Hoffnung auf Gottes gerechte Welt in ihr Herz pflanzen.
Ich denke, das ist jetzt vor allem die Aufgabe der Eltern und Paten:
Luisa durch eine Haltung der Hoffnung und der Freude stark zu machen
für diese wirklich krisenreiche Zeit.
Gott soll das Kind und die ganze Familie mit ihm beschützen und stärken!
Am Ende strahlte Pastorin Alleluia wieder.
Tatsächlich erlitt sie während der Begegnungsreise einen Malariaschub
und erlebte die Fremde eines deutschen Universitätsklinikums. Die Medizin half.
Und die Geschwisterlichkeit zeigte sich ungeplant in Krankenhausbesuchen
und der Erledigung der fälligen Bürokratie.
Am Ende – Gott sei Dank – strahlte Pastorin Alleluia wieder.
Sie sagte mir zum Abschied: Im Herbst machen wir ein Zoom-Meeting
mit allen Kindergottesdienstmitarbeitern, ja?
Let’s learn how to strengthen our children by faith.
Lass uns lernen, wie wir den Jüngsten das Evangelium liebmachen.
So sei es! Alleluia und Amen.