Gedanken zu Epiphanias 2023 – 1. Könige 10, 1-13

Sie ist schön wie eine Königin.

Die Sterne funkeln noch, wenn sie an meinem Haus vorbei zieht,

jeden Morgen gegen sieben, drei kleine Prinzen im Gefolge.

Sie sind auf dem Weg in die Kita.

Die Mutter ist schön wie eine Königin – vermutlich aus Äthiopien.

Ihr Gang ist sehr aufrecht. Ihre Augen leuchten aus einem dunklen Gesicht.

Ihr Haar ist verschleiert, ihr ganzer Körper in bunte Tücher gehüllt.

Ihre Hände – immer am Handy – klimpern in goldenem Schmuck.

Sie ist schön wie die Königin von Saba.

 

Die Königin von Saba - die präsentiert uns der Predigttext zum Epiphaniasfest.

Wie interessant!

Unter die heiligen drei Könige mischt sich ein fremdes Frauenzimmer.

Mit Vergnügen las ich die alttestamentliche Geschichte,

die wirklich zum allerersten Mal zu predigen ist. 1. Könige 10, 1-13:

 

Als die Königin von Saba die Kunde von Salomo vernahm,

kam sie, um Salomo mit Rätselfragen zu prüfen.

Und sie kam nach Jerusalem mit sehr großem Gefolge,

mit Kamelen, die Spezerei trugen und viel Gold und Edelsteine.

Und als sie zum König Salomo kam,

redete sie mit ihm alles, was sie sich vorgenommen hatte.

Und Salomo gab ihr Antwort auf alles,

und es war dem König nichts verborgen, was er ihr nicht hätte sagen können.

Da aber die Königin von Saba alle Weisheit Salomos sah

und das Haus, das er gebaut hatte

und die Speisen auf seinem Tisch und die Sitzordnung seiner Großen

und das Aufwarten seiner Diener und ihre Kleider und seine Mundschenken

und seine Brandopfer, die er in dem Hause des HERRN opferte,

stockte ihr der Atem und sie sprach zum König:

Es ist wahr, was ich in meinem Lande gehört habe

von deinen Taten und von deiner Weisheit.

Und ich hab’s nicht glauben wollen, bis ich gekommen bin

und es mit eigenen Augen gesehen habe.

Und siehe, nicht die Hälfte hat man mir gesagt.

Du hast mehr Weisheit und Güter, als die Kunde sagte, die ich vernommen habe.

Glücklich sind deine Männer und deine Großen,

die allezeit vor dir stehen und deine Weisheit hören.

Gelobt sei der HERR, dein Gott, der an die Wohlgefallen hat,

sodass er dich auf den Thron Israels gesetzt hat!

Weil der HERR Israel lieb hat ewiglich, hat er dich zum König gesetzt,

dass du Recht und Gerechtigkeit übst.

Und sie gab dem König hundertzwanzig Zentner Gold

und sehr viel Spezerei und Edelsteine. Es kam nie mehr so viel Spezerei ins Land,

wie die Königin von Saba dem König Salomo gab.

Auch brachten die Schiffe Hirams, die Gold aus Ofir einführten,

sehr viel Sandelholz und Edelsteine.

Und der König ließ Schnitzarbeiten machen aus dem Sandelholz

im Hause des HERRN und im Hause des Königs

und Harfen und Zithern für die Sänger. Es kam nie mehr so viel Sandelholz ins Land,

wurde auch nie mehr gesehen bis auf diesen Tag.

Und der König Salomo gab der Königin von Saba alles, was ihr gefiel und was sie erbat,

außer dem, was er ihr von sich aus gab.

Und sie wandte sich und zog in ihr Land mit ihrem Gefolge.

 

Besonders spannend finde ich diese Erzählung nicht, aber doch bemerkenswert.

Drei Dinge:

 

Zuerst:

Im Buch der Könige, in dem Männer und Militär in den meisten Kapiteln dominieren,

setzt eine Frau erfreuliche Gegenakzente.

Die Königin aus Saba – aus Äthiopien also – kommt in friedlicher Absicht.

Sie sucht kulturellen und reigiösen Austausch auf Augenhöhe. Feministische Außenpolitik -

Nein, ich will das nicht in falsche Klischees pressen!

Auch im Buch der Könige und Königinnen –

wie es in der Bibel in gerechter Sprache passend heißt - ,

gibt es weise Herrscher und machtbesessene Frauen.

Denkt an Hiskia! Und dann an Isebel!

Aber diese Königin von Saba tritt wirklich vorbildlich auf,

übergibt Musikinstrumente aus Sandelholz statt Waffen.

Vielleicht auch Bronzen aus Benin -

Und wo so etwas geschieht, damals wie heute, durch Frau oder Mann,

wächst die Hoffnung auf etwas mehr Frieden.

 

Dann:

Sicher wurde die biblische Geschichte zum Ruhm Salomos verfasst.

Wann, ist historisch umstritten. Bemerkenswert ist aber doch,

dass die Königin von Saba Regie führt in jeder Hinsicht.

Sie macht den Besuch. Sie stellt die Fragen. Sie bringt die Geschenke.

Sie allein redet. Salomo wird nicht zitiert.

Und sie ist es, die den Gott Israels lobt. Sie, nicht Salomo.

Als fremde Frau, als Andersgläubige segnet sie den Gott Abrahams und Davids.

Damit reiht sie sich ein bei Rahab und Ruth und der Frau des Uriah.

(Manche haben die Predigt zum Stammbaum Jesu am 2. Weihnachtstag

vielleicht noch in Erinnerung).

Die Königin von Saba gehört zu den Fremden,

die sich durch den Gott Israels mit beschenkt wissen.

Ihre Legende ist Juden, Christen und Muslimen in gleicher Weise vertraut.

 

Drittens:

Was nun hebt diese Königin in ihrem Gotteslob besonders hervor?

Recht und Gerechtigkeit, Ihr Lieben, Recht und Gerechtigkeit!

Und diese Sehnsucht, diese Leidenschaft verbindet sie quer durch die Heilsgeschichte

mit den Weisen aus dem Morgenland. Da ist kein Gegensatz zu konstruieren

zwischen der Königin, die dem reichen Salomo huldigt

und den Königen, die vor dem armen Krippenkind in die Knie gehen.

In diese antijudaistische Falle sind Kirchenlehrer lange genug gelaufen.

Die Königin von Saba und die Könige aus dem Morgenland folgen demselben Stern.

Sie suchen Schalom, Salaam, Frieden und Weisheit und Recht und Gerechtigkeit.

 

In meiner Phantasie stelle ich sie gemeinsam in den Stall von Bethlehem.

Was auch in der Kunstgeschichte üblich war.

Und mich selbst stelle ich dazu. Uns alle hier:

Menschen mit einer starken Hoffnung auf Recht und Gerechtigkeit,

Christen mit der Überzeugung, dass Jesus der Messias ist,

der die prophetische Verheißung besonders klar ins Leben zog.

An Epiphanias, liebe Gemeinde, weitet sich das Weihnachtsfest hin zur Ökumene,

ja darüber hinaus zum interreligiösen Dialog.

 

Ich weiß nicht, welche Geschichte meine Königin von Saba hat,

die morgendliche Kita-Mutter. Noch nicht!

Ich weiß nicht, ob sie religiös ist oder nicht.

Ich sehe nur: Sie geht aufrecht. Sie ist wunderschön.

Und sie braucht mehr als Kita-Plätze und einen Berechtigungsschein für die Tafel.

Sie braucht Recht und Gerechtigkeit.

 

Die leuchten wie helle Sterne über der Krippe von Bethlehem,

ziehen uns in ihren festlichen Bann und

schicken uns wieder heim in den christlichen Alltag,

in ein Leben für Recht und Gerechtigkeit. Amen.

 

Ulrike Scholtheis-Wenzel

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